Regen in Ägypten – unterwegs auf der Osterinsel
Silke | 2. November 2011 | 19:21Für die “gaaanz großen Sachen” hat man ja meistens so etwas wie einen Masterplan. Da die “Isla de Pascua” oder “Rapa Nui”, wie die Insel in der Landessprache heißt, eine von diesen “gaaanz großen Sachen” für uns sein sollte, hatten wir also, sehr naheliegend, ebenfalls einen solchen. Dieser sah folgendes vor: sieben Tage Zeit mit gemütlicher Ankunft, 3-4 Tagen Mountainbiken, einen Tag einen Motorroller ausleihen, um die weit entfernten Dinge anzuschauen und morgens früh rechtzeitig am Sonnenaufgangsplatz sein zu können, 1-2 Tage wandern. Das alles natürlich bei gutem Wetter! So weit, so gut.
Hier der Tatsachenbericht:
Daß unser Trip auf die Isla de Pascua etwas holprig begonnen hat, haben wir ja schon berichtet. Nun ja, die Nacht im Crowne-Plaza in Santiago als Ausgleich für die Wartezeit bis zum Morgen war erträglich; und da ich noch nie so teuer gewohnt habe, fiel es mir nicht so leicht mich zu entscheiden auf wie vielen der sieben Kissen ich jetzt schlafen will und wie viele der 10 (!) bereitliegenden Handtücher ich nach dem Duschen denn jetzt wirklich zum Abtrocknen benutzen möchte. Hach, was für Probleme…
Ankunftstag: Erkundungsgang in Hanga Roa
Da der Flieger am nächsten Morgen dann rechtzeitig ging, blieben uns leider nur bummelige zwanzig Minuten, um möglichst viel vom üppigen Frühstücksbuffet im Hotel zu genießen. Aber dafür kamen wir dann auch endlich mit auf die Insel (unsere Rucksäcke sind ja schon vorgeflogen). Der Flug war ruhig, das Essen ok, die Landung etwas unsanft, aber als dann die Hälfte der Economy-Passagiere zu klatschen anfing, hab ich mir mal wieder den Unsichtbarkeitsumhang aus Harry Potter gewünscht. Schon peinlich, da daneben zu sitzen.
Unser Gepäck lag – zu unserer Erleichterung – am LAN Schalter, und die Abgeordneten des Campingplatzes haben uns stilsicher mit Blumenkette empfangen. Frohen Mutes beziehen wir also unser Zelt, aus welchem wir raus auf Meer schauen können, denn der Campingplatz liegt auf einer Anhöhe direkt an der Küste. Der Horizont ist messerscharf und wie mit dem Lineal gezogen, und obwohl das Meer ruhig aussieht, rollen richtig fette hohe Wellen gegen die erstarrten Lavafelsen im Wasser. Wir sind fasziniert, und genießen es, wieder am Meer zu sein und den Wind im Gesicht zu spüren. Schon komisch, sich vorzustellen, das man gerade auf einer relativ winzigen Insel mitten im Pazifik steht, und in jede Richtung ist für ein paar Tausend Kilometer nur Wasser.
Wir machen uns auf den Weg, um mal nach einem Supermarkt und einem Fahrradverleih zu suchen, und natürlich, um die ersten Moai zu sehen. Ganz in der Nähe von Hanga Roa, dem Hauptort hier wo eigentlich alle leben, gibt es einen Ahu. Diese Ahus sind Zeremonialplattformen, unter welchen die alten Bewohner von Rapa Nui ihre wichtigen Toten bestatteten. Auch deshalb darf man die Ahus heute nicht betreten. Auch die unrestaurierten gelten den Menschen noch als heilig. Auf den Plattformen wurden die Moai aufgestellt – die riesigen Steinfiguren, die jeweils als Dorfwächter stellvertretend für einen verstorbenen Schamanen oder Ältesten ihren Platz dort oben einnehmen. So blicken die Moai immer dorthin, wo einst ein Dorf lag, was in der Regel landeinwärts ist, und nicht, wie oft angenommen wird, aufs Meer hinaus. Die tonnenschweren Figuren aus dem vulkanischen Gestein der Insel wurden kilometerweit aus dem Steinbruch Ranu Ranaku im Norden der Insel zu ihrem Bestimmungsort transportiert. Wie das vollbracht werden konnte, ist auch heute noch nicht einstimmig gelöst. Fakt ist aber, dass die Figuren erst nach ihrer Errichtung auf der Plattform ihren Feinschliff erhielten, wozu auch das einsetzten der Augen aus weißer Koralle und rotem Vulkangestein gehörte. Hier bei Hanga Roa steht der einzige Moai, bei welchem diese Augen restauriert wurden, um den Eindruck ihrer Wirkung nachvollziehbar zu machen. Nachdem langsam die Sonne im Meer versinkt, kehren wir zum Campingplatz zurück und genießen noch eine Weile den Anblick der unfassbar kraftvollen Wellen, die laut krachend auf die Felsen auflaufen. Gespannt auf die nächsten Tage kuscheln wir uns in die Schlafsäcke, das Rauschen der Brandung und das Flattern der Zeltplanen im Ohr.
Tag 1 MTB-Halbtagestour Südwestküste Rtg. Norden
Das kompakte, aber sehr anschaulich beschriebene Guidebook zu den einzelnenSehenswürdigkeiten der Insel, welches wir bei der Fahrradausleihe gleich mit gekauft haben, erweist sich schnell als Volltreffer. Mit seiner Hilfe können wir gemütlich in unserem Tempo die Insel erkunden und erfahren alles wichtige, ohne einer zeitlich gehetzten Gruppe hinterherherden zu müssen. So genießen wir es, fast alle Plätze für uns alleine zu haben und in Ruhe die besten Fotowinkel suchen zu können. Der Südwestloop, den wir heute fahren, bringt uns entlang der Südwestküste an den ersten alten Plattformen und zerstörten Dörfern vorbei.Von diesen ist nur noch wenig zu sehen. Meist nur der Rest eines Bootshauses (Langhäuser, deren Grundriss einem Boot gleicht und die enge Symbiose der Bewohner zum Meer wiederspiegelt). Dazu muss man wissen, dass nur noch ca. 50 der über 1000 Moai wieder auf ihren Plattformen stehen. Diese wurden alle im Rahmen der Restauration wieder aufgestellt. Sämtliche Figuren wurden im 19. Jahrhundert im Rahmen von Stammesfehden von ihren Plattformen gestürzt um sie ihrer schützenden Kraft zu berauben.Dazu kamen die Zerstörungen und Plünderungen der Seefahrer und Kolonialmächte. Nach 1838 stand bis Mitte des 20. Jahrhundert kein einziger Moai mehr aufrecht. Demzufolge kommt die Erkundung der Insel nicht selten dem Spaziergang auf einem riesigen archäologischen Friedhof gleich, was gleichermaßen spannend wie traurig ist. Neben den berühmten Figuren hat die Vulkaninsel aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte noch einiges mehr zu bieten. So können wir auf unserer ersten Rundfahrt mehrere Höhlen erkunden, die meterweite Gänge im Untergrund bilden und zum Teil sogar Durchbrüche in der Felswand zum Meer aufweisen. Eine solche ist uns für die Mittagspause ein willkommener Schattenspender. So futtern wir unser Picknick, während 40 Meter unter uns die Wellen hochschlagen (in Deutschland wäre eine solche Höhle mit Sicherheit nicht zu betreten oder mit fetten Absperrgittern blockiert, hier dagegen kann man die Beine baumeln lassen, so man nicht unter Kantenangst leidet). Das Wasser fasziniert uns hier immer wieder durch seine Klarheit und die helle türkise Farbe, die die Wellen beim Brechen bekommen, so dass wir minutenlang nur auf die Brandung starren und mir ein ums andere Mal die Bemerkung “Boah, sind die fett!” entweicht. Eine andere Höhle ist zunächst gar nicht als solche zu erkennen. Aus der Entfernung sieht man nur Palmwedel aus der Erde lugen, was etwas irritiert. Beim näherkommen dagegen, wird man dann erst des riesigen Loches im Boden gewahr, in welchem Avocadobäume und Bananenpalmen im Windschatten der Höhle wachsen. Einen der versteckten Gänge kann ich locker 30 Meter tief verfolgen, ohne mich bücken zu müssen.
Etwas später biegt die Route ins Inselinnere ab und wir kommen zur ersten großen restaurierten Ahuplattform, auf welchem sieben Moais trohnen. Ernst blicken die verwitterten Gesichter in die Ferne. Wer genau hinschaut entdeckt fein gemeißelte Nasenflügel, Ohren, Hände und Münder. Wir nehmen uns Zeit, den Eindruck auf uns wirken zu lassen, bevor wir in der Gluthitze des Nachmittags auf der fast schattenlosen Schotterpiste weiterfahren bis nach Puna Pau. Dort befindet sich der “Hut”-Steinbruch. Die jüngeren Moais trugen, wahrscheinlich als Nachbildung der damaligen Haartracht,welches hochgebundene Zöpfe waren (noch heute tragen die Männer auf Rapa Nui, deren Ahnen mit Booten von den polynesischen Inseln kamen, gerne langes Haar), einen großen zylindrischen Kegel aus rotem Vulkanit. Diese wurden in einem eigenen Steinbruch aus dem Fels geschlagen, der einzigen Stelle, wo es diesen roten Fels auf der Insel gibt. Heute zeugen davon nur noch ein großes Loch im Gelände und einige Dutzend der herumliegenden Kegel in unterschiedlichen Fertigkeitsgraden. Einige dieser Steinblöcke haben einen Durchmesser von über zwei Metern entsprechend der zuletzt immer größer werdenden Moai. So kann man unter anderem das Alter der Figuren grob zuordnen. Mit den Jahren wurden die Züge der Köpfe immer feiner, die Höhe größer und die Form menschlicher, außerdem tragen nur die Moai der letzten Periode diesen roten Hut. Nach dem Steinbruch rattern wir den Abhang hinunter und hoffen auf die Zuverlässigkeit der Bremsen und unser Fahrvermögen, da die Räder nicht eben die am saubersten ausbalanciertesten sind und viele schlecht sichtbare Schlaglöcher im Schotter klaffen. Zurück am Zeltplatz sind wir dann dankbar für eine erfrischende Dusche und unser Tütensuppenmenü (wegen der horrenden Preise auf der Insel haben wir unsere Rucksäcke mit Trockenware vollgestopft, was zwar nicht gerade an das Essen im Crowne Plaza herankommt, aber die Reisekasse beträchtlich schont).
Tag 2 MTB-Halbtagestour Südostküste Rtg. Norden
Da es in der Nacht unerwartet heftig geschüttet hatte und wir mit Sack und Pack aus dem nach zehn Minuten völlig durchweichten Zelt mit Sack und Pack in die Gemeinschaftsküche umziehen mussten, kommen wir am nächsten Morgen erst verspätet los. Wir müssen uns ein Ersatzzelt organisieren und dann den ganzen Krempel wieder umpacken. Daraufhin planen wir um und fahren nicht nach Anakena, wie ursprünglich geplant, sondern an der Südostküste entlang, um uns dort die Ahus anzuschauen. Nebenbei bekommen wir durch das Radfahren einen schönen Eindruck von der Beschaffenheit der Insel und haben Zeit, immer wieder spontan anzuhalten und zu schauen. Das Grauen der Nacht ist die Faszination des Tages: Wasser. Allerdings nicht von oben, sondern als Brecher, die mit Urgewalt an der Wilden Küste aufgischten. Stundenlang beobachten wir, wie es schäumt, spritzt, sich das Wasser zurückzieht, nur um von Neuem heranzurollen und das klare Wasser als brodelnden weißen Schaum über die rauen Felsen zu drücken. Wir können nicht umhin, uns so nah wie möglich an das Spektakel herantasten und haben bald eine feine Salzschicht auf Haut, Brillengläsern und Kameralinsen.
Heute sehen wir nur einen einzigen aufrechten Moai. Der Rest liegt verstreut übereinander- und nebeneinandergeworfen neben halb zerstörten Ahus. Ein trauriges Bild. Warum müssen Menschen nur immer alles kaputt machen? Zerbrochene Figuren, von Wind und Wetter bis fast zur Unendlichkeit erodiert, beim umstürzen hinfortgerollte rote Steinzylinder. Eine ganze Kultur liegt auf dem Boden. Da passt das Bild des am Straßenrand verendeten Pferdes, dessen Überreste den allgegenwärtigen Falken als Nahrung dienen gut dazu. Viele der Moai sind zu stark beschädigt, um sie wieder aufrichten zu können, außerdem kostet die Restaurierung natürlich Unmengen an Geld. Und so erhält man an der Westküste ausreichend Gelegenheit, seine Fantasie zu bemühen und sich vorzustelle, wie das alles einmal ausgesehen haben könnte- viele kleine Fischerdörfer beschützt von einer erhabenen Reihe stolz aufgerichteter Moai!
Tag 3: MTB-Tour nach Norden über Ovahe und an der Ostküste zurück
In der Nacht im neuen Zelt sind wir trocken geblieben und obwohl es geregnet hat, packen wir optimistisch, wie wir sind, die Badesachen ein. Bevor wir starten, besorgen wir uns noch frisches Brot (zum doppelten Festlandspreis) und reservieren uns für abends einen Motorroller beim Insel-Rent-a-Car. Ich bin zwar noch nie Roller gefahren, aber zum Ausleihen reicht das Führerscheinvorzeigen aus und bei den alten ging die Erlaubnis für 50ccm ja inklusive (unserer hat zwar hundert, interessiert aber niemanden).Für heute nehmen wir die lange Tour unter den Sattel und queren die Insel bis in den äüßersten Norden auf der einzigen asphaltierten Straße, die zunächst durch überraschend alten, wie schattigen Eukalyptuswald führt. Danach folgen einige kräftige Anstiege, die uns die vergangenen zwei Tage in den Beinmuskeln spüren lassen. Aber dann folgt eine fast 6km lange Abfahrt bis hinunter zur Küste, während der die hügelige und sattgrüne Insellandschaft zügig an uns vorbeifliegt.Einen lebhaften Kontrast bilden die leuchtendroten Blüten des Coral-Tree, der hier buschartig geduckt wächst. Immer wieder queren kleine Herden der halbwild lebenden Pferde die Straße oder bleiben mitten auf ihr stehen, so dass wir vorsichtig um sie herumzirkeln müssen. Leider sieht man auch immer wieder Opfer, der schnelleren und stärkeren Autos am Wegrand liegen, wo sie bleiben, bis die Falken ihr Werk vollendet haben. Nach anderthalb Stunden kommen wir nach kurzer Suche am versteckt liegenden Inseljuwel, dem Strand von Ovahe an, welcher in einer kleinen Felsbucht liegt. Wegen der frühen Zeit haben wir den weißen Sand und das türkise Wasser eine ganze Weile für uns alleine und erst als wir schon fast wieder gehen, kommen die ersten anderen Besucher an. Ich findusse einen mumifizierten Kugelfisch und wir nutzen die einzige Chance auf eine Badesession im Pazifik, wobei wir zwar eine Weile brauchen, bis wir im Wasser sind, aber hat man sich an die Temperatur gewöhnt, ist es klasse.
Die Rundtour führt an der Nordküste entlang, dann an der Halbinsel Pxxx vorbei und an einem Ahu, wo der “Nabel der Welt” – Stein zu sehen ist, welcher zum Inselkult gehörte. Für mich sieht dieser allerdings eher wie eine Anordnung der vier Richtungen im Schilde-Sytem aus. Mit der Lage am Meer durchaus ein Ort mit spirituellem Potential. Ein Stück weiter kommen wir an einer Felsplattform vorbei, in welche viele Symbole hineingeschnitzt sind, die in Beziehung zum Mythos und Kult der alten Rapa Nui stehen. Außer einem Haifisch und einem Wal ist allerdings leider aufgrund der hochstehenden Sonne, die einen Schattenwurf verhindert, nicht viel zu sehen. Dafür sehen wir etwas anderes: Regenwolken. Über dem bewachsenen Vulkankegel, der aus der Entfernung wie eine ägyptische Pyramide aussieht, nicht zuletzt wegen der solitären davorstehenden Palme, zieht es sich bereits bedrohlich zusammen. Deshalb fahren wir am Ahu Tongariki, der größten restaurierten Plattform der Insel mit fünfzehn Moais nur schnell vorbei. Wir haben schließlich noch 20km Rückweg vor uns und den Ahu wollen wir sowieso morgen früh im Sonnenaufgangsspektakel erleben.
Wir kommen noch trocken in Hanga Roa an und fahren zum Verleih, um die Fahrräder abzugeben und beim Autoverleih gegen den Scooter einzutauschen. Damit kurven wir dann nochmal zum Sonnenuntergangsplatz außerhalb von Hanga Roa und genießen mit vielen anderen Touristen das Farbspiel an diesem Ort.
Tag 4: Scootern im Regen und kein Sonnenaufgang
Als um 5 Uhr der Wecker klingelt, nieselt es. Wir beschließen trotzdem loszufahren, schließlich ist es unsere einzige Gelegenheit und der Roller schon bezahlt. Tja, so trifft man falsche Entscheidungen. Nach zehn Minuten zieht der Regen an, der Wind frischt auf, es ist dunkel, Stephan fährt mit mir auf dem Sozius und sieht im kleinen Kegel des Scheinwerfers fast nichts, der Schotter ist tückisch, der Helm hat kein Visier, weshalb der Regen direkt ins Gesicht klatscht und wir haben nur die Windbreaker statt der Regenjacken dabei. Trotzdem fahren wir weiter, in der irren Hoffnung, am anderen Ende der Insel könnte es anders aussehen. Spätestens da hätten wir umdrehen sollen, aber wir kämpfen uns bis Tongariki durch, wo bereits eine Handvoll Jeeps steht, die Fahrer gemütlich bei Kaffee und Musik im Trockenen. Wir stehen wie die begossenen Pudel vor Kälte klappernd daneben. Einen trockenen Platz im Auto oder einen Kaffee zum Aufwärmen bietet keiner an. Selber schuld- was? Nach zehn Minuten sehen wir ein, dass es keinen Zweck hat, alles ist grau in grau, es regnet noch immer- einen Sonnenaufgang wird es hier nicht zu erleben geben. Also sitzen wir wieder auf und fahren zurück. Selten haben 20 km so lange gedauert. Nach einer dreiviertel Stunde, auf dem nassen Schotter können wir nicht schneller fahren, kommen wir am Zeltplatz an. Immerhin geht das heiße Wasser bereits. In der Dusche stehen wir zu zweit und klappern erbärmlich vor uns hin, es dauert ewig, bis wir wieder warm werden. Wir kochen noch schnell eine Tasse Tee und kriechen wieder in die Schlafsäcke. Fix und fertig schlafen wir ein und stehen erst kurz vor Mittag wieder auf. Dann hat es aufgehört zu regnen und wir machen uns auf in den Ort, um uns im LAN-Büro um die Iguazú-Flüge zu kümmern. Leider ist es proppenvoll, scheinbar will der halbe Ort buchen. Aber wenn wir gleich im Anschluß an die Insel nach Argentinien wollen, müssen wir dass aussitzen. Zweieinhalb Stunden später kommen wir völlig entnervt aber immerhin mit Flugtickets nach Iguazú und nach Patagonien wieder aus dem Office. Nun wollen wir wenigstens noch den Steinbruch besuchen, wo die Moais gearbeitet wurden, da hätten wir direkt nach dem Sonnenaufgang hingewollt und ohne fahrbaren Untersatz kommen wir da nicht wieder hin. Leider ist das Regenloch, welches die ganze Zeit dauerte, die wir bei LAN verbracht haben, aufgebraucht. Kaum sind wir auf dem Gelände und haben die ersten Bilder im Kasten, fängt es über uns wieder an zu grummeln und bald fallen die ersten Tropfen. Resigniert und etwas frustriert packen wir unser Zeug und schwingen uns auf den Scooter. Ich bin ziemlich enttäuscht, der Steinbruch ist nämlich genauso, wie ich mir die Osterinsel eigentlich vorgestellt habe. Die Steinköpfe wild herumstehend oder im Steinbett und nicht restauriert. Die Stimmung gefällt mir besser als bei den neuaufgestellten Plattformen. Nun weiß ich nicht, ob wir noch Gelegenheit haben werden, uns das in Ruhe anzuschauen. Immerhin habe ich diesmal die Regenjacke dabei (Stephans ist in Santiago-trotz der Machu Picchu Erfahrung) und deshalb fahre ich, da ich besser geschützt bin. Trotzdem werden wir zum zweiten Mal an diesem Tage ordentlich geduscht und haben die Sch*** erstmal gehörig voll. Die Dame im Autoverleih schaut uns mitleidig an und fragt, ob wir nicht lieber ein Auto wollen. Die sind allerdings richtig teuer und unser Budget knapp.
Tag 5: Hardcore-Sightseeing im Pick-up (Ranu Ranaku, Orongo, Playa Anakena und Ahu Tongariki, Cráter Ranu Kau)
Da das Wetter am nächsten Tag immer noch keinen strahlenden Sonnenschein verspricht und ich wild entschlossen bin, nicht zu fahren, ohne die Highlights gesehen zu haben, beißen wir nach einigem hin und her in den sauren Apfel und schlagen im Rent-a-car auf, wo uns die Dame von gestern nun doch noch einen Jeep vermieten kann. So verordne ich uns ein zwar aufwändiges, aber vollständiges Sight-Seeing-Programm, welches uns nochmal kreuz und quer über die Insel führt. Zwar nicht ökologisch, aber trocken und schnell. Als erstes geht es zum Steinbruch zurück, für welchen ich gerne ausreichend Zeit haben möchte. So verbringen wir gute zwei Stunden auf dem Gelände und sind fasziniert von den überall aus der Grasnarbe herausragenden Köpfen. Tatsächlich sind alle Figuren vollständig und nur von Erdschichten überdeckt worden im Verlauf von über 200 Jahren, wie einige beispielhafte Ausgrabungen (unter anderem durch Thor Heyerdhal um 1970) beweisen. Überall sind noch unvollendete oder gerade erst begonnene Moai im Mutterfels zu entdecken, alles wirkt, als hätten die Arbeiter gerade erst gestern das Gelände verlassen. In den Felsnischen brüten weiße Tropikvögel und über die unteren Wiesen ziehen die halbwilden Pferdeherden friedlich dahin. Das ist der Ort, der für mich am ehesten den Mythos Osterinsel verkörpert hat. So löse ich mich nur ungern, aber wir wollen ja noch mehr sehen.
Als nächstes fahren wir ans entgegengesetzte Ende der Insel. Langsam poltert der Jeep über die Schlaglöcher auf der Dirt Road nach Orongo hoch. Orongo ist ein ehemaliges Zeremonialdorf und Zentrum für die Durchführung Initiationen und die Austragung des Wettkampfes um den Vogelmann-Kult gewesen. Kurz vorher kommt man noch am fast kreisrunden, wasser- und algengefüllten Krater Ranu Kau vorbei, der von der vulkanischen Geschichte der Insel erzählt.
Auf dem Gelände erwischen wir leider gerade eine Zeit, in der mehrere Busse ihre Touristenladung auskippen, weshalb wir uns ganz pragmatisch dazu entschließen, den Rundweg andersherum zu gehen, um den Massen auszuweichen. Der Weg führt quer durch das ehemalige Dorf, wohin die Rapa Nui kamen, um der Entscheidung des Vogelmann Wettkampfes beizuwohnen. Dieser wurde nach der Zeit der Moai-Kultur installiert, wo die Einheimischen ein neues Instrument zur politischen Stabilisierung und zur Neuinstallation eines Machtgefüges benötigten. Teil des Wettkampfes war die Überbringung eines Rußseeschwalbeneies, welches von einer vorgelagerten Insel von einem jungen Mann herübergebracht werden musst. Der Häuptling seines Stammes war für ein Jahr Vorsteher der Inselklans und Herrscher über alle anderen. Der erfolgreiche Bursche wurde Vogelmann und mit allerlei Begünstigungen bedacht. Noch heute erinnert ein folkloristischer Wettkampf an diese Zeiten. In dem Dorf, was hauptsächlich in der Zeit des Wettkampfes bewohnt wurde, sind die alten Steinhäuser zu bewundern sowie eine Anzahl noch recht gut erhaltener Felsschnitzereien, deren Symbolik in Beziehung zu den Ritualen stehen. Leider erodieren sie in den starken Winden sehr schnell und werden jedes Jahr schlechter sichtbar.
Auf dem Weg hinunter nehmen wir noch die Erkundung einer weiteren Höhle mit, an welcher Decke noch Felsmalereien zu sehen sind, die auch in Verbindung zum Vogelmannkult stehen. So zeigen sie im wesentlichen einen Schwarm Seeschwalben, die leider durch die Witterung und durch Trophähenjagd großteilig zerstört oder ausgeblichen sind.
Zurück geht es ans andere Ende der Insel- nach Anakena. Hier steht ein Ahu, wo man an der Rückseite der Moai noch gut erhaltene Steinschnitzereien betrachten kann. Im Gegensatz zum eher rauen Charme des Restes der Insel, hat man hier das Gefühl karbisches Flair zu genießen. Der Strandzugang führt durch einen Kokospalmenhain, in welchem Stephan sich vergeblich bemüht eine Frucht vom Baum zu schießen. Der Sandstrand glitzert weiß und pudrig in der Abendsonne und das Wasser läuft sanft in die geschützte Bucht hinein und heraus. Zehn Grad mehr Wassertemperatur und die Illusion wäre perfekt. Aber wir sind ja sowieso nicht hauptsächlich zum Baden hier. So dippen wir nur kurz die Zehen in die Fluten und starren den Buben eine Weile auf den steinernen Hintern bevor wir die letzte Station des Tages anlaufen: Ahu Tongariki.
Nach dem “Nicht-Sonnenaufgangsspektakel” des gestrigen Morgens sind wir mit der Abendstimmung hier dann auch versöhnt, zumal es trocken ist und wir den gesamten Platz nur mit ein paar versprengten Pferden und einem jungen Tinamou (Bodenvogel) teilen müssen. Die tiefstehende Sonne strahlt den Ahu kurz bevor sie hinter den Hügeln versinkt noch einmal an und taucht die steinernen Statuen in ein wunderschön sanftes gelbliches Licht. So bekommen wir noch einen stimmungsvollen Tagesabschluß geschenkt und fahren müde, aber zufrieden zurück nach Hanga Roa.
Oh man – was für ein tolles Erlebnis, trotz der Regengüsse! Wir beneiden Euch! In meiner Kindheit stand bei meinen Eltern im Bücherregal ein Buch über die Osterinseln. Den Einband zierte auch ein oder mehrer Moai-Köpfe. Ich seh es richtig vor mir. Auch Oma erinnert sich daran. Aber leider konnten wir es nicht finden. Hoffentlich ist es nicht im Keller gewesen… Vielleicht taucht es ja wieder auf, wenn wir die z Zt verstauten Bücher wieder einräumen können. Es wäre bestimmt interessant, Eure Erlebnisse mit dem Buchinhalt zu zu vergleichen. Wir wünschen Euch weiterhin tolle Erlebnisse.
Wahnsinn!!!!!!!!!!!!!! Das wievielte Highlight ist das denn nun??????? Als ich den Bericht über die Osterinseln gelesen habe fiel mir Thor Heyderdahl ein, der vor vielen Jahrzehnten mit seinem Floss „Kontiki“ die Osterinseln besucht hat, um den Beweis anzutreten wie Polynesien besiedelt wurde. Das war in meinen Jugndjahren, wo ich diese Expeditionsberichte verschlungen habe und nun erlebe ich , dass meine Tochter mit ihrem Partner genau dort stehen!!!! Wahnsinn!